Wonder Woman (Patty Jenkins, 2017)

Gerade, wenn sogar ich von der Superheldenkinomüdigkeit eingeholt werde, kommt sowas daher. Nicht, dass WONDER WOMAN nicht ohnehin jede Menge Lob eingefahren hätte, aber weil das meiste, was ich las, eher inhaltsarme Meinungsbekundungen waren, hat es mich dann doch überrascht, wie, ja: herzlich schön dieser Film tatsächlich geworden ist.

Ich schmeiße jetzt mal einen Vergleich in die Welt, den ich nicht leichtfertig verwenden würde: WONDER WOMAN ist für mich der DOCTOR WHO der Superheldenfilme. Damit meine ich nicht die Moffat’schen Handlungsspiralen voller Smith-Ominösitäten oder den Capaldi’schen Grant oder gar die noch unverfilmte Weiblichkeit von Jodie Whittaker. Sondern ich meine diese Geschichten, in denen der Doctor, dieser auch im freudschen Sinne Über-Mensch, so herzerwärmend (und meinetwegen bisweilen auch mal wohlig-kitschig) idealistisch sein kann, auf seine irgendwie naiv-weltfremde und dann doch wieder ganz pragmatische Art. Kurz: Der Doctor (meist jener von David Tennant) ist für mich einer der ganz wenigen echt humanistischen Popkultur-Helden, und mit DC-Prinzessin Diana hat es nach ein paar in dieser Hinsicht nur mittelprächtigen Versuchen (um mit Superman und Captain America mal die naheliegendsten zu nennen) jetzt endlich auch ein Gegenstück in die ansonsten eher gequirlt-banale Comicwelt geschafft.

Das fängt beim ganz grundsätzlichen Konflikt mit dem Kriegsgott Ares an, dem eine Heldin entgegentritt, deren einziger Daseinsgrund ist, per Kampf für Frieden zu sorgen. Es geht weiter mit der Adoleszenzgeschichte der Titelfigur, deren Fähigkeiten im Gegensatz zu denen anderer Comicfiguren nie an ihren Aufgaben wachsen, sondern am Maß ihrer Trauer und Bestürzung über das, was sie umgibt. Es reicht hinein in ganz viele wunderbare kleine Szenen, in denen die im Paradies aufgewachsene Diana nach und nach erfährt, wie die Welt wirklich aussieht – und dabei trotzdem nie ihren Idealismus verliert. Und wer auf die Idee kam und sie bei den Studiobossen durchsetzte, dass Gal Gadot für diese Rolle ihren hebräischen Akzent behalten darf, verdient sowieso jeden Preis der Welt.

Das ist dann im Ergebnis auch auf eine viel wunderbarere Weise feministisch, als es der alberne Heldinnenname “Wonder Woman” und das übliche Gequatsche von “starken Frauenfiguren” (die in Wahrheit sowieso meist einfach eher phallische Frauenfiguren sind) normalerweise einlösen kann. Ein bisschen klang das ja schon in BATMAN V SUPERMAN an, als Diana das testosterongetränkte Deppentum der beiden Titel-Platzhirsche regelmäßig mit überdeutlich impliziertem Kopfschütteln quittierte.

Ein bisschen trifft da das zu, was Peter Davison (der fünfte Doctor) zum Casting von Jodie Whittaker kommentierte. Er bemerkte durchaus zutreffend, dass die Figur des Doctor ein für männliche Popkultur-Helden durchaus ungewöhnliches role model sei (und nahm das unglücklicherweise zum Anlass für die quatschige These, dass dieses role model durch das Casting einer Frau verloren ginge). Das beschreibt zufällig ziemlich perfekt, warum WONDER WOMAN und Diana (und Gal Gadot in dieser Rolle) so wunderschön ist: Weil Regisseurin Patty Jenkins in ihrem Film nie versucht, Diana zum Mensch zu machen. Sondern ihr erlaubt, bis zum Schluss und hoffentlich auch in allen folgenden Filmen von außen auf die Welt zu schauen. Nur mit diesem humanistischen Blick kann Jenkins mitten in einem Weltkrieg eine positive Geschichte über Hoffnung erzählen.

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