
Es verstärkt sich das Gefühl, dass Ridley Scott nicht komplett verstanden hat, warum sein allererster ALIEN so beliebt – und so bedrückend – ist. Vielleicht hat er mal den Faulstich gelesen und denkt sich “Aha, muss ne große Metapher rein!”. Oder er glaubt, die Zauberformel heißt einfach nur “starke Heldin”. Oder er hat in Nerdforen all die fantastobiologischen Erklärungen über die Natur und Evolution der Xenomorphs gefunden und denkt jetzt, dass es einfach nur mehr Origin-Story braucht. Achja, und der Android war ja im ersten Teil auch creepy.
Das klingt jetzt alles zorniger als es ist. ALIEN: COVENANT kann man schon so lassen. (Man kann ihn aber auch lassen.) Scott ist ein großartiger Handwerker, und er gibt sich in dieser Hinsicht auch hier keine Blöße. Aber, zefix, es ist schon einfach frustrierend, ansehen zu müssen, wie Scott mit seinem eigenen erzählerischen Erbe umgeht. ALIEN ist nicht deshalb so fies, weil es ein fieses Monster und düstere Bilder und eine Ripley für alle Ewigkeit hat. Sondern weil die vordergründig so geradlinige Horrorgeschichte an so vielen Urängsten kratzt, einen jedwede Identität in Frage stellen lässt. Und all das, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Weder im ersten Film noch in den direkten Fortsetzungen bis einschließlich RESSURECTION (der zwar, klar, grobe Schnitzer hat, aber immerhin auf der Basis seiner Vorlage sehr konsequent weitererzählt).
Und dann kam PROMETHEUS. Schon der Name ist aufs Brot betonierte Bedeutungsbutter. Natürlich muss dann der sinistre Herr Roboter, der sich arrogant über die Arroganz seiner Schöpfer erhebt, auch noch David heißen, klar, weil bisschen wirre Verwurstung von Renaissance und Klassik macht den David zum Prometheus und den Mensch auch und das Alien zum neuen David, das ist dann wohl so. Die urmenschliche Identitätskrise aus ALIEN ist hier schön ausformuliert zur Volkshochschul-Philosophiestunde. Bitte aufpassen, lieber aber nicht mitdenken.
COVENANT ist dann völlig unverhohlen PROMETHEUS 2. Bemerkenswert überraschungsfrei, sowohl in Geschichte als auch Ästhetik, einfach nur makellos routiniertes Schemakino. David ist back, steht jetzt bedrohlich-göttlich in den selben dunkelgrün getünchten Beinahe-Standbildern rum und darf jetzt noch etwas mehr die alte TERMINATOR-Moral (“KI ist unser Untergang”) predigen als im wenigstens unvorhersehbaren Vorgänger. Nur als er in einer Rückblende – übrigens so weird platziert, dass ich kurz überprüft hab, ob der Bluray-Player vielleicht ein Kapitel übersprungen hatte – mal eben Genozid über seine Schöpfersschöpfer verübt, hatte ich kurz Hoffnung, dass vielleicht doch noch irgendwo eine frische Idee auftaucht. Aber dann halt doch nur Mad-Scientist-Versteckspiel mit mühsam eingebauten Facehugger-Gastauftritten, damit sich endlich der Kreis zu den interessanteren Filmen schließt.
Wie gesagt, klingt zorniger als mich der Film eigentlich machen sollte. Würden nicht ALIEN und Ridley Scott dranstehen, würde ich sagen, dass sich da ein junger, spannender Regisseur etwas verhoben hat, aber mei, bin gespannt, was der Mensch als nächstes dreht. Ridley Scott dagegen hatte ja schon 1979 (und dann nochmal 1982 mit BLADE RUNNER) bewiesen, dass er eigentlich mehr Fingerspitzengefühl hat (auch wenn er anschließend kaum noch Gebrauch davon machte). Blöd nur, dass er selbst das 40 Jahre später immer noch nicht kapiert hat.
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