Aquaman (James Wan, 2018)

Vorab zur Auffrischung: Der Grund, weshalb ich mir AQUAMAN beinahe nicht angesehen hätte? Dieser Trailer.

Movie Poster: Aquaman (2018), James Wan, Jason Momoa, Amber Heard

Das sieht alles nur wahnsinnig aus, ein albernes CGI-Feuerwerk ohne Gefühle, ein Höher-Schneller-Weiter unnötiger Computerstunts, ein TRANSFORMERS mit (noch) mehr Muskel- und Brustbeschau. Aber vielleicht ist es gut, dass ich vorher nicht wusste, wie unglaublich charmant und liebenswert das alles ist. Nicht zuletzt dank Jason Momoa, von dem man jede Sekunde erwartet, dass er sich zur Kamera dreht, dem Zuschauer zuzwinkert und “trust us, we know what we’re doing, enjoy the ride” sagt.

Es ist im Grunde völlig unglaublich, was James Wan hier gelingt: Der erste echte Camp-Superheldenfilm. Es beginnt mit einem Meerjungfrauen-Märchen, das in eine Science-Fiction-Prügelei eskaliert. Eine Piraten-Schrägstrich-Kalter-Krieg-Episode, die in einem viel zu großen Supermensch-Bild endet. Gewaltige Tsunami-Wellen, die von Magie gestoppt werden. Ein Duell unter Wasser, aber über einem offenen Vulkan. Eine Science-Fiction-Verfolgungsjagd in knallbunter STAR-WARS-PHANTOM-MENACE-Ästhetik. Eine Wüstenexpedition samt Rätselraten Marke Indiana Jones. Eine James-Bond-Actionsequenz im Touristenparadies. Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde, Dinosaurier inklusive. Ein Riesenungetüm und unterseeische Sphinx in Personalunion. Ein bisschen Artus-Sage mit Excalibur-Dreizack. Krabbenmenschen. Gepanzerte Riesenhaie als Reittiere. Laser. Dolph Lundgren. Eine goldene Rüstung. Explosionen unter Wasser. Ein urzeitliches Kaiju-Unterwassermonster (auf dem Aquaman reitet, natürlich). Eine Kuss-Szene vor dröhnender Feuerwerkskulisse, beinahe zum Freeze Frame eingefroren, von der Kamera ein halbes Dutzend Mal umkreist.

Oder: Die vielleicht kürzesten zweieinhalb Stunden meines Kinolebens.

Die Grenze zur Albernheit stets im Blick (und, let’s be honest, meistens mit eineinhalb Beinen drüber), gelingt das Kunststück, all die selbstironische Übertreibung nie als Immunisierung zu missbrauchen. AQUAMAN, der Film, ist stets verletzlich, setzt den Gutwill seines Publikums mit der nächsten Wahnsinnstat immer wieder aufs Spiel – und genießt es hemmungslos, so ästhetisch unberechenbar zu sein.

Außerdem das hier:

Jason Momoa als Aquaman in Justice League

Das campy Actionkino folgt ja der schönen Tradition, die Übermuskeln seiner Helden als erotische Fetisch-Objekte zu filmen und ins Bild zu setzen. Siehe die in dieser Hinsicht entlarvende Eröffnungssequenz von COMMANDO:

In COMMANDO war der Oberschurke noch ein Schnauzbartträger mit Lederweste über Netz-Shirt, hier ist es jetzt eben der bilderbuchverstockte Sohnemann einer Zwangsheirat, der bereits seine eigene Zwangshochzeit mit einem Bart namens Amber Heard plant und ansonsten einen gewaltigen Ödipuskomplex pflegt. Dessen Impotenz (als Herrscher, klar) steht Jason Momoa gegenüber, bei dem selbst die ansonsten um ihre sexuelle Identität recht besorgten Reddit-Nutzer regelmäßig zugeben müssen, wie sexy er ist. Das sehen bestimmt sogar die grimmig dreinblickenden Bikergang-Mitglieder so, die mit Aquaman unbedingt ein Selfie wollen. Aquaman, der Super-Bro, wird im Kontext des Camp-Kinos zur Ikone gegen Homophobie und toxische Männlichkeit. Muss man auch erstmal hinkriegen.

3 / #100movies19

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