Venom (Ruben Fleischer, 2018)

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass ich irgendwo zwischen dem zweiten und dem dritten Akt eingeschlafen bin. Anders kann ich mir nicht erklären, wo dieser unglaublich plötzliche Wechsel im Tonfall von VENOM hergekommen ist. Aber ich weiß es besser.

Schön wäre auch, wenn dieser abrupte Switch von bemüht abgeranzter Jekyll-and-Hyde-Variation zu seltsam deplatziertem Buddymovie das gewesen wäre, was mich an VENOM am meisten gestört hat. War es aber nicht. Sondern die Tatsache, dass das knappe Dutzend Drehbuch-Revisionen aus einem Stoff mit Potenzial für spannende Konflikte und clevere Geschichte über Moral und Heldentum einfach etwas ziemlich Dummes gestrickt hat.

Das fängt leider schon in den allerersten Minuten an. Eine komische Montage von Fernsehschnippseln soll Tom Hardys Protagonisten Eddie Brock als so eine Art Uber-Investigativ-Reporter zeichnen, ein echter Robin Hood der Presse, einer, der dorthin geht, wo es wehtut (auf Müllkippen und zu Obdachlosen). Einer, zu dem sogar sein Chefredakteur sowas albernes wie “Noone is above the Network”/”Keiner steht über dem Fernsehsender” sagen darf, um ihn damit daran zu erinnern, dass er den wichtigen Interviewpartner ja nicht mit unbequemen Fragen vergrätzt. Da ist es dann schon beinahe geschenkt, dass dieser Brock ganz selbstverständlich heimlich auf dem Computer seiner Verlobten (eine Anwältin) nach vertraulichen Informationen sucht.

In dieser Charaktereinführung des … Helden? … steckt auch schon das, was an VENOM einfach so gar nicht funktioniert: Es gibt keinen glaubwürdigen Konflikt zwischen ihm und dem außerirdischen Menschenfresser, der von ihm Besitz ergreift. Der eine ist ein aufgeblasener, selbstgerechter Sack, der komplett davon überzeugt ist, dass der Zweck jedes Mittel heiligt (dabei aber vor allem sich selbst geil findet). Und der andere ist, wie gesagt, ein menschenfressendes Monster aus dem Weltall. So gesehen ist es nur folgerichtig, dass sich die beiden am Ende in Buddy-Symbiose samt albern-liebevoller Neckereien ergehen.

Ja, ja, VENOM hat auch seine schönen Seiten: Zum Beispiel die Sequenz in der Hochhauslobby, als ein ganzes Sondereinsatzkommando Venom zur Strecke bringen will und dafür den ganzen Raum mit Nebelgranaten flutet. Was folgt ist eine der wenigen Szenen, in denen es Regisseur Fleischer seinen Monsterheld wirklich bedrohlich erscheinen zu lassen. Und sogar Eddie Brock hat seine erträgliche Phase, nämlich zwischen Gefeuert-Sein und Venom-Werden, die so erscheint, als wäre es das erste Mal in seinem Leben, dass er seine eigene Geilheit hinterfragt. Achja, und am grundsätzlichen Stoff – der Figur des Venom – ist sowieso wenig auszusetzen, da wäre sehr viel Spielraum für unglaublich bedrückende, tragische, faszinierende Geschichten.

Aber dafür bräuchte es halt auch ein Drehbuch, nicht acht. Immerhin: Die Fortsetzung ist offenbar schon beschlossen und wird vermutlich nicht zwei Jahrzehnte bis zur Realisierung brauchen und durch dutzendfache Iterationen gehen. Ich habe also Hoffnung. Auch wenn Woody Harrelson in der Post-Credit-Szene die vermutlich fremdschämenswerte Heath-Ledger-Imitation der vergangenen zehn Kinojahre gegeben hat.

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